Im November 2022 stand an einem Vormittag plötzlich eine Frau bei uns in der Tierarztpraxis. Sie hatte einen verletzten Igel in einem Karton dabei. Meine Igelstation war total voll und ich hatte am Tag vorher den “aber wirklich allerletzten” Igel aufgenommen. Also ging ich zu ihr und meinte:
“Haben Sie angerufen?” “Nein, ich wusste nicht, dass man anrufen muss.” “Naja, als Igelstation bin ich komplett voll und kann den nicht aufnehmen. Sie hätten anrufen sollen, dann wäre dem deutlich schneller geholfen worden. Jetzt müssten Sie den ins Tierheim bringen”, ich war nicht erfreut… “Ja, okay”, meinte sie, “wo muss ich den hinbringen?” ‘”Kommen Sie mit, ich suche es Ihnen raus”, antwortete ich und nahm sie mit in einen Behandlungsraum. Ein Blick in den Karton und auf den Igel und mir war klar, dass ich den nicht gehen lassen konnte – einen blutenden Igel. “Okay, ich kümmere mich um ihn. Ich lege ihn gleich schlafen, dann schauen wir uns die Wunden an. Es kann sein, dass er es nicht schafft, je nach Schwere. Und natürlich kann es sein, dass er ein Schädetrauma hat.”
Die Frau war sichtlich erleichtert. Ich war noch reserviert (wer mich kennt, weiß, dass das eigentlich nicht meine Art ist und ich dann sehr angefressen bin), bat sie aber, beim Empfang ihre Daten zu hinterlegen, damit ich sie anrufen könnte. Wir legten den Igel in Narkose und seine Verletzungen waren von außen nicht schlimm. Was er am Kopf abbekommen hatte, mussten wir abwarten. Während ich darauf wartete, dass der Igel schlief, kam meine Kollegin vom Empfang zu mir.
“Da warst Du ja not amused”, grinste sie. “Naja, ich bin voll bis obenhin. Aber ich kann die ja auch nicht mit dem blutenden Igel wegschicken.” “Das Beste kommt noch – die ist von der Kripo”.
Da musste ich doch einen kleinen Moment Luft holen. Ups – von der Kripo. Immerhin war ich nicht verhaftet worden, war also vermutlich nicht so schlimm. Das sprach sich in der Praxis natürlich rum, dass Micky der Kripo-Igel ist. Mein Mann konnte es sich nicht verkneifen, mich zu fragen, ob wir jetzt “einen Einsatz umsonst” hätten. Darüber musste ich auch lachen. Die Dame sammelte am nächsten Tag in ihrer Abteilung und hat Micky finanziell gut unterstützt.
Micky hatte tatsächlich schwer einen auf den Kopf bekommen und ich fütterte ihn eine Woche, inklusive Silvester die Nacht durch (er fuhr mit nach Gießen und die anwesenden Kinder waren höchst erfreut, als sie eine Fütterung begleiten durften). Micky hat alles super mitgemacht und geht morgen nach einem guten Winterschlaf und einem halben Jahr auf unserer Igelstation in die Auswilderung.
Anfang 2022 hatte ich meine Kollegen gefragt, welche Geschichten sie besonders bewegt haben. Das habe ich natürlich jetzt auch wieder getan. Diese Geschichten sind dabei raus gekommen.
Dr. Bindl: Mein positivster Eindruck des Jahres ist ein kleiner Maltipoo Rüde Billy, den ich schon seit vielen Jahren kenne. Er litt an chronischem Durchfall und engmaschig wiederkehrendem Erbrechen, das sowohl für Billy als auch seine Besitzerin zahlreiche Medikamentengaben und umfangreiche Diätmaßnahmen erforderten.
Im Frühjahr gelang uns endlich die Diangnosstellung für Billy. Mit einfachen Maßnahmen und Futtersupplementen geht es Billy nun deutlich besser und er kann einfach Hund sein.
Martina Schütze, Auszubildende im 2. Jahr: Für mich hat der tapfere Kater “Blitz” einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die Ankunft mit dem verunglückten Kater in unserer Praxis war emotional. Wir wissen bis heute nicht, was genau passiert ist. Aber er scheint irgendwo mit dem Hinterbein hängen geblieben zu sein und hat sich fast die komplette Haut, Ballen und Krallen am Bein abgezogen. Der Blick auf die offene Wunde und die verdrehten Zehenballen haben ja zuerst eine drohende Beinamputation vermuten lassen. Um so schöner das Mitwirken und die Bereitschaft der Besitzerin Zeit, Geduld und Geld zu investieren, um über mehrere Wochen alle 2 Tage zur Wundkontrolle und zum Verbandswechsel in die Praxis zu kommen und zu versuchen, die Wunde trocknen und abheilen zu lassen. Es wird noch eine Weile dauern, bis alles wieder zugeheilt ist. Aber die Prognose sieht gut aus.
Dr. Klaus: Ein älterer Herr kam in meine Sprechstunde für eine allgemeine Untersuchung und Tupferprobenentnahme bei seinem Graupapagei. Der Vogel war seit über 40 Jahren in Besitz, die Ehefrau des Mannes war bereits verstorben und er macht sich zusammen mit einer Papageienvermittlung auf die Suche nach einem neuen Zuhause für seinen geliebten Vogel. Viele Tränen flossen bei den rührenden Erzählungen von den gemeinsamen Erlebnissen mit seinem Vogel – Verantwortung übernehmen, bevor man selber es nicht mehr kann, ist ein schwerer Schritt. Aber bei Haustieren, die uns überleben, ist es das Beste, was wir machen können. Der Graupapagei hatte übrigens keinerlei ansteckenden Krankheiten und wurde gut vermittelt.
Dr. Waldmann: Bei dem Fall, der sehr zufriedenstellend für das Tier und für uns war, handelte es sich um einen Kater mit Harnsteinen in der Harnröhre. Er konnte nicht mehr pinkeln und es war Eile geboten. Wir haben die Steine direkt im Röntgen gesehen. Die OP haben wir nachmittags als Notfall-OP durchgeführt.
Wir haben den Penis amputiert, der Kater kann damit noch ganz normal sein Geschäft erledigen. Der Kater wurde am nächsten Tag nach Hause entlassen. Nach zehn Tagen haben wir die Fäden gezogen und er lebt glücklich sein Leben in Bonn.
Anna Jakobi, TMFA: Wir haben derzeit einen mittlerweile 4 Monate alten Kater in Behandlung. Das erste Mal war er mit 8 Wochen bei uns, weil er keinen Kot absetzen konnte. Nachdem wir den angesammelten Kot entfernt haben, stellte sich heraus, dass er eine Fehlentwicklung des Bindegewebes im Bereich des Anus hatte, genannt Atresia ani Typ 1. Das Bindegewebe ist zu fest und Kot kann nicht normal abgesetzt werden. Die Therapie besteht aus mindestens einer, manchmal auch mehrerer Operationen. Und trotz aller Tierarztbesuche und Behandlungen ist er ein neugieriger und freundlicher, kleiner Kerl. Er kuschelt mit uns und ist uns echt ans Herz gewachsen Und auch wenn ich seiner Halterin eine Tierarzt-Pause gönnen würde, freue ich mich jede Mal, den Kleinen zu sehen.
Edwina Elbers, Auszubildende im 1. Jahr: Mir fallen viele Geschichten ein, aber eine besonders, vor allem wegen der Dramatik. Eine Frau kam mit ihrem Hund in die Praxis, dem ins Ohr gebissen wurde. Er blutete und blutete und blutete – es sah vor und in der Praxis aus, als wäre es ein Schlachtshaus.
Letzlich war der Blutverlust nicht schlimm, es war ein sehr großer Hund und jeder hat ja schon mal gesehen, wie ein wenig Blut an einer weißen Wand wirkt. Wir haben das Ohr genäht und verbunden, alles ist gut gegangen. Das war einer meiner ersten Notfälle und für mich beeindruckend.
Christiane Waldmann, Praxismanagerin: Ich hatte dieses Jahr einen Igel auf der Igelstation, der komplett alle vier Füße verletzt hatte. Bei einem Fuß mussten wir eine große Wunde nähen, bei einem zwei Zehen amputieren. Die anderen beiden Füße hatten “nur” vereiterte Wunden. Er war acht Wochen auf der Station.
Es ist beeindruckend, wie Wildtiere trotz der Wunden und Schmerzen mit machen und überleben wollen. Er ging am Ende seiner Behandlung zwei mit zwei Zehen weniger, aber auf allen vier Füßen raus in seine Freiheit. Ich hoffe, er geht jetzt für immer den Mährobotern aus dem Weg.
Ich hoffe, die kleinen Einblicke in unsere Fälle haben Ihnen gefallen. Ich bin sehr gespannt, was 2023 für uns bereit hält und wünsche Ihnen allen Gesundheit, Zufriedenheit und Glück!
Wie Sie alle wissen, haben wir natürlich im letzten Georgien-Urlaub wieder einen Welpen gefunden. Darüber können Sie hier nachlesen.
Nelly hat direkt zwei Tage nach meinem Aufruf bereits eine neue Familie in Deutschland gehabt. Es sind Freunde unserer Tierärztin, die mit zwei Kindern und derzeit einem Hund in der Eifel leben. Der Hundemann ist leider verstorben, so dass jetzt lange ein Platz frei war. Sie waren bereits in etlichen Tierheimen auf der Suche nach dem “Klick”. Doch nichts passte so richtig. Schließlich haben sie das Foto von Nelly gesehen und sich spontan verliebt. Was wohl auch daran lag, dass Nelly dem verstorbenen Hundemann sehr ähnlich sieht. Dadurch, dass sie aber ein Mädchen ist, wird der ständige Vergleich wegfallen. So fühlt es sich an wie Schicksal. Ein sehr geduldiges Schicksal. Denn wie Sie ja schon alle von Mura wissen, daaaaauuuuert es, bis ein Hund von Georgien nach Deutschland kommen kann.
Zur Erinnerung: Der Hund muss alt genug sein für die Tollwut Impfung. Dann müssen vier Wochen vergehen, damit Blut abgenommen werden kann. Das Blut wird ins Labor geschickt, um den Tollwut-Titer zu bestimmen. Ab dem Zeitpunkt der Blutabnahme müssen dann noch drei Monate vergehen und der Titer muss hoch genug sein. Sonst geht es nochmal von vorne los. Erneut impfen, erneut 4 Wochen warten etc.
Bei Nelly endet die Frist am 17.12.2022. Wenn alles gut klappt, kommt sie dann mit dem Partner von Sara (die Managerin von D.O.G., Dog Organization Georgia) nach Deutschland. Und mit ein bisschen Glück sehe ich Nelly dann bei “Glühwein für Geogien” am 23. Dezember vor unserer Praxis. Sie sind natürlich auch alle herzlich eingeladen!
Und jetzt möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, wie groß das kleine Knuddelding geworden ist. Viel Spaß mit den Bildern.
Heute habe ich einen kleinen Igel in die Drachenfelsschule nach Niederbachem gebracht. Und jetzt erzähle ich, wie es dazu kam.
Vor zwei Wochen erhielt ich einen Anruf von der Lehrerin Frau Kellerhoff. Sie hatte die Nummer unserer Praxis vom NABU und hatte eine Frage an mich. Sie hatten mit den Kindern der ersten Klasse ein tolles Igelhaus gebaut, eine Webcam eingebaut und alle hergerichtet – nur wollte einfach kein Igel einziehen. Ich habe herzlich gelacht. Ich habe selbst die tollsten Igelhäuser im Garten stehen, da wollte auch nie einer rein. Immerhin war ich nicht alleine.
Wir kamen dann aber weiter ins Gespräch und ich fragte, ob sie nicht einen Igel überwintern wollen würden. Frau Kellerhoff war Feuer und Flamme. Die Schule kaufte ein Gehege, Stroh, Näpfe, Futter und alles weitere, was man als zukünftiger Luxusigel so brauchen könnte. Als alles da war und das Gehege aufgebaut, fuhr ich mit dem Igel Benni in die Schule.
Benni kam als kleiner Igel zu mir mit 179g. Er wurde gepäppelt und alle Parasiten beseitigt, so dass er jetzt mit guten 550g ins neue Zuhause ziehen konnte. Bei dem warmen Wetter hatte er noch ausreichend Zeit, sich Winterspeck anzufressen.
Die Kinder der beiden ersten Klassen waren sehr aufgeregt als ich ankam und wollten direkt loslegen mit dem Igel. Allerdings haben wir erstmal eine kleine Fragestunde zum Thema Igel gemacht, damit die Kinder auch alle Bescheid wussten. Nach rund 20 Minuten gab es jedoch fast kein Halten mehr. Wir gingen in den Garten und ich holte Benni.
Alle Kinder durften Benni einmal anschauen und freuten sich – wer hatte denn auch schon mal einen Igel aus der Nähe gesehen?
Dann ging es für Benni aber auch schon direkt in sein neues Zuhause:
Die Kinder konnten anschließend in der Klasse mit einer Webcam das Treiben von Benni im Haus beobachten. Zukünftig gibt es für jeden Tag einen Igeldienst, auch die Wochenenden sind von Eltern abgedeckt. Die Kinder bekommen den Link für die beiden Webcams und können Benni mit ihren Familien von zuhause aus beobachten.
Und im nächsten Frühjahr wird Benni natürlich dort ausgewildert – immer mit der Hoffnung aller Kinder, dass er dann noch jeden Abend zu Besuch kommen würde. Ich drücke dafür die Daumen.
Ein ganz tolles Projekt von zwei sehr engagierten Lehrerinnen – ich wünschte, in Bonn gäbe es mehr solche Aktionen.
Einige von Ihnen haben den Beitrag bestimmt gesehen: Ich war als live-Interviewpartnerin in der Lokalzeit. Heute erzähle ich mal, wie das genau war.
Eine Woche vor der Sendung kontaktierte ich ein Reporter des WDR zum Thema Igel und Igelbabies. Er hätte gehört, dass es durch den langen Sommer einen zweiten Wurf gegeben hätte und es mehr Igelbabies gäbe, die dann eben auch in den Pflegestellen landen würden. Da ich jedoch eher verletzte Igel als Igelbabies betreue, habe ich an die Igelrettung Bonn/Rhein-Sieg verwiesen unter der Leitung von Frau Hauprich-Thiebes. Dort wurde ein Beitrag erstellt, der vor dem Interview geplant war.
Zwei Tage vor dem Interview erhielt ich einen Anruf aus der Lokalzeit-Redaktion – ob ich ins Studio kommen könnte als Interviewpartnerin zum Thema Igel im Herbst. Ich fragte kurz nach, ob mein Mann als Tierarzt nicht vielleicht auch gut wäre? (Hätte es ja gerne weiter geschoben…) Aber nein, da ich ja die Station betreute, sollte ich kommen. Hui, da war ich erstmal ziemlich aufgeregt. Im Alltagsgeschehen ging das aber fürs Erste unter.
Mittwochvormittag war ich dann aber doch angespannt. Allerdings hatte ich morgens einen Arzttermin, der wirklich ewig gedauert hat, vier Stunden um genau zu sein. In der Zeit habe ich auch nicht an den Abend gedacht. Ab Nachmittag nahm die Nervosität dann aber wieder zu. Um 19 Uhr sollte ich im Studio sein. Um 18 Uhr fing ich an, mich vorzubereiten. Ich hatte meine beiden Freundinnen um Kleidungstipps gebeten und sie meinten, ich sollte Ohrringe tragen. Ich hatte lange keine mehr in den Ohrlöchern drin gehabt und es kam, wie es kommen musste – sie gingen nicht durch. Ich versuchte es ewig (zwischendurch maulte ich noch meinen Mann an, irgendwer musste ja Schuld sein) und gab dann auf – mit knallrotter Ömme (Kopf), roten Ohrläppchen und durch mich selbst gestresster als durch den Termin. Viel Make-Up half viel, das war gut. Und ich entschied mich dann für eine Kette.
Beim WDR angekommen, wurden wir durch eine sehr nette Studiomitarbeiterin in Empfang genommen und ins Studio geführt. Dort wurde mir ein Mikro angesteckt und mir wurde klar, es wird tatsächlich bald ernst. Dann ging es noch in die Maske: mehr Puder gegen den roten Kopf und noch etwas Lippenstift. Mit der Moderatin habe ich auch noch geplaudert, das hat es wirklich einfacher gemacht. Um 19.30 Uhr startete die Lokalzeit aus Bonn. Ich war um 19.50 Uhr dran.
Ich stand dann vor der Studiotür und wartete mit meinem Mann und der Gästebetreuerin. Ich fragte mich, wie ich mich schlagen würde. Stumm in die Kamera schauen (sollte man gar nicht, stumm wäre der Super-Gau)? Rumstottern und keinen graden Satz rausbringen? Schwitzen wegen der Aufregung, so dass das Make-Up nicht hielt? Dann fiel mir ein, wie ich es noch richtig peinlich würde machen können: jemanden grüßen. Im Geiste sah ich mich im Studio und die Moderatorin fragen: “Darf ich noch meine Freundinnen grüßen?” Da musste ich selbst über mich herzlich lachen. Und schon waren die 20 Minuten um und ich war dran.
Vor dem Studio und dem Auftritt
Ich kam ins Studio, als der Beitrag über die Igelstation von Frau Hauprich-Thiebes lief. Ich klärte noch schnell, ob man im Fernsehen feuchte Hände sehen könnte (hatte ich nicht, aber man konnte ja nie wissen) – konnte man nicht. Und schon ging es los.
Es kamen ein paar Fragen zum Thema Igel, ich redete drauf los und puff- schon war die Zeit rum. Und es hat wirklich Spaß gemacht. Man fühlt sich die ganze Zeit gut aufgehoben und letztlich habe ich natürlich über ein THema geredet, bei dem ich mich auskenne. Ich habe mir zuhause die Aufzeichnung angesehen und ich habe alle Sätze gerade rausgebracht, nicht gestottert, bin nicht in Ohnmacht gefallen oder weggelaufen und das beste: gegrüßt habe ich auch keinen.
In diesem Sinne Ihre igelrettende Tierarztfrau
P.S. Wer es nochmal sehen will: Hier ist das Interview!
Interview in der Lokalzeit Bonn zum Thema “Igel im Herbst”
Unsere Elli kennen Sie ja schon, die dreibeinige, rumänische Straßenhündin. Und in einigen Geschichten konnten Sie ebenfalls bereits erleben, dass sie nicht nur viel Quatsch im Kopf hat, sondern vor allem eins: Essen.
Ich lagere im Keller unserer Vorräte. Gut verstaut. Irgendwann habe ich aber mal getrocknete Brotplatten, ich glaube, es war so etwas ähnliches wie Schüttelbrot. Als dann einmal die Kellertür offen stand, kam es, wie es kommen musste: Elli schlich in die Keller und versuchte, das Brot zu fressen. Dabei stieß sie eine Flasche um, in der ein Drittel Eierpunsch übrig war. Der roch sooo viel besser als das trockene Brot. Als mein Mann nach geraumer Zeit misstrauisch wurde, wo Elli denn wohl stecken könnte, fand er sie, wie sie gerade die Reste aufleckte. Da er unsicher war, ob sie auch Glasscherben gefressen hatte, wollte er sie in der Praxis dazu bringen, sich zu übergeben. Ich war in der Zeit bei der Versammlung des Stadtmarketings Kessenich, als er mich anrief. Ich brach natürlich sofort auf und traf die beiden auf einer kleinen Wiese in der Nähe der Praxis. Mein Mann begrüßte mich: “Ich warte nur darauf, dass sie sich übergibt. Sie schwankt schon, aber es kommt noch nichts.” Ich musste lachen. “Die schwankt, weil die besoffen ist.” Mein Mann schaute mich mit großen Augen an. “Oh man, na klar!” Durch seine Sorge wegen der Scherben hatte er gar nicht mehr an den Alkohol gedacht. Der zeigte bei Elli seine Wirkung. Schließlich übergab sie sich aber und ihr gesamter Mageninhalt kam zu Tage. Es waren keine Scherben drin. Das, was im Röntgen vermeintlich danach aussah, war Rinde, die Elli gerne vom Baum kaut.
Ende gut, alles gut. Ach ne, unser Besoffski hatte am nächsten Morgen einen echten Kater und war ein ganz arm Dier. 🙂
Nicht nur, dass wir wieder in Georgien waren. Nein, wir haben auch erneut einen Welpen gefunden. “Natürlich”, meinte meine Mutter. “Wundert mich nicht”, kam von meiner Freundin. “Du suchst doch danach”, eine Arbeitskollegin. “Grmpf” – mein Mann.
Wie kam es dazu? Wir waren im Kaukasus wandern. Kurzer Exkurs: So eine schöne Gegend habe ich noch nie gesehen. Es war absolut atemberaubend. Wer gerne wandert, dem kann ich die Gegend um Mestia nur sehr ans Herz legen. Nachdem wir unsere Tour beendet hatten, hatten wir Glück und haben zwei Flugtickets ergattert in einer zweimotorigen Maschine mit Direktflug nach Tbilisi. Und was wartet da am Flughafen? Ein kleines, dickes Ding:
Die kleine Hummel war winzig und keiner war für sie zuständig. Sie lief hinter jedem hinterher. Zwar hatte sie einen provisorischen Schlafplatz und etwas Futter, aber das war für einen Welpen von dem Alter gar nicht sicher. Ich streichelte das kleine Bäuchlein, als mich eine Frau ansprach, ob ich sie nicht mitnehmen wolle. Der Flug ging in 10 Minuten…ich rief Sara an aus dem Tierheim in Tbilisi. Sie konnte nicht, hatte Welpen mit Parvovirose. Wenn ich Nelly aber ein paar Tage nähme, würden wir nach einer Pflegestelle suchen. Ich rief das Hotel an, Hunde waren erlaubt. Ich blickte die Frau an. “Hunde sind im Flugzeug nicht erlaubt. Wie soll das gehen?”. Ihre Antwort: “Ich bin die Flugkapitänin. Wenn ich sage, Sie können den Hund mitnehmen, können Sie den Hund mitnehmen.” “Dann nehme ich den Hund mit. Ich brauche nur einen Karton”. In Sekundenschnelle war ein Karton beschafft, Nelly drin und wir im Flugzeug:
In Tbilisi verbrachte sie ein paar Tage mit uns im Hotel. Wir waren krank und konnten eh nichts unternehmen. Gott sei Dank hatten wir ein tolles Hotel.
Dank Saras Hilfe fanden wir dann eine Pflegestelle für Nelly. Zwischendurch hat sie die Stelle nochmal gewechselt, aber jetzt kann sie da bleiben, bis wir sie holen könnten. Wir suchen übrigens einen Pflege- oder Endplatz.
Zu Nelly: Mädchen, bei Ankunft 6 Monate, kennt das Haus und das Leben im Haus, lieb, lustig, ein kleiner “Bollo”, vollständig geimpft, wird ca kniehoch, Mischling
jetzt ist Mura in Deutschland und es ist schon einige Zeit vergangen.
Wie war es in Georgien?
Meine Freundin Simone und ich sind Donnerstag nachts in Tiflis angekommen und haben freitags um 10 Uhr Sara mit Muri vor dem Ministerium für Landwirtschaft getroffen, die für die Ausfuhrpapiere zuständig sind. Um es direkt zu sagen: Mura hat mich nicht erkannt. Ich war aber nicht allzu enttäuscht, sie war ja noch sehr klein und hatte so viel Zeit mit Sara und ihrer Familie verbracht (aber ein bißchen schon).
Aber sie war immer noch das liebe Hundemädchen, nur etwas größer. Wir haben dann noch zwei Tage in Tiflis verbracht und mit Sara abends weitere Tierschutzvorhaben besprochen. Sonntags ging es dann sehr früh zum Flughafen. Sara hat uns dort auch mit den Papieren geholfen.
Wir hatten Zwischenstopp in Istanbul und haben natürlich direkt das Bodenpersonal unseres Flugs nach Mura gefragt – alle wussten Bescheid, das gab uns ein gutes Gefühl.
In Frankfurt angekommen, war uns etwas mulmig, wie es Mura gehen würde nach dem langen Flug. Aber siehe da, sie stieg aus der Transportbox als wäre nichts gewesen. Fliegen kann sie, die Kleine, auch wenn sie es jetzt nicht mehr muss.
Und hier finden Sie ein paar Bilder von der Reise und von Mura in neuen Zuhause!
Mura am Frankfurter FlughafenMura bei Ihrer neuen Mama, die Treppen waren zu gruseligMuraErste Begegnung mit MuraAn der Leine laufen klapptSara und ich bei der BesprechungMura bekommt vorgelesenMüde nach der HundeschuleMura im neuen Zuhause
ich habe meine Kollegen gefragt, was Ihre Highlights 2021 in der Praxis waren. Und das fiel einigen spontan dabei ein:
Unsere TFA A. Jakobi fand den Kaiserschnitt beim Igel beeindruckend:
Im Juli kam Frau H. mit einem Igel zu uns. Sie leitet eine Igelstation hier in Bonn. Es stellte sich heraus, dass der Igel schwanger ist und das Baby im Mutterleib verstorben war. Eine Sepsis, das heißt, eine Blutvergiftung drohte. Wir haben uns daraufhin entschlossen, einen Kaiserschnitt durchzuführen. Da wir natürlich Erfahrung in Weichteiloperationen haben, war der Teil Routine. Spannend war jedoch die Narkose, denn einen Igel haben wir für eine OP bisher nicht schlafen gelegt und das Management ist dann ein ganz anderes, als wenn ich die kurz schlafen lege, um Wunden zu behandeln. Es ist aber alles gut gegangen und die Igeldame läuft seit dem Sommer wieder munter durch Bonn.
“Wir machen ja jede Menge Kastrationen. Aber bei einem Igel – das war beeindruckend. Vor allem war die Narkose ein Thema, da es dazu wenig bis gar nichts nachzulesen gibt. Aber wir haben es geschafft.”
Dr. Bindl hat noch gut seine OP beim geplatzten Kropf einer Taube im Kopf: Die Taube kam durch die Taubenrettung zu uns. Sie hatte gefressen und war dann vermutlich mit gefüllten Kropf gegen eine Scheibe geflogen. Es sah schlimm aus, aber nur weil etwas schlimm aussieht, darf man nicht sofort aufgeben. Genau so hat Dr. Bindl auch gedacht und den Kropf genäht. Zwei Tage später konnte man der Taube fast beim Heilen zusehen. Jetzt fliegt sie wieder mit ihren Taubenfreunden in der Gegend rum. “Es war absolut erstaunlich zu sehen, wie schnell das ganze heilte. An einem Tag war noch alles aufgeplatzt und sah danach aus, als würde es nie wieder was werden. Natürlich versuchen wir trotzdem immer alles, was in unserer Macht steht. Und es hat sich gelohnt. Ein paar Tage später war fast alles wieder gut.”
Dr. Klaus erinnerte sich spontan an das kleine Schildkrötenwunder:
“Das ist eine meiner schönsten Schildkrötengeschichten in diesem Jahr. Und eine der schlimmsten. Diese kleine Schildkröte lebt zusammen mit anderen Schildkröten in einem Freigehege, mit Frühbeet und Technik, bei einer sehr erfahrenen und passionierten Schildkrötenhalterin. Im Frühjahr passierte ein furchtbares Unglück. Bei Arbeiten im Gehege wurde diese kleine Kröte mit der Spitzhacke verletzt. Der Panzer wurde gespalten. Das Tier habe ich zu einem Spezialisten überwiesen, mit den Möglichkeiten einer stationären Aufnahme. Dort war die Kröte für 2 Wochen und die Nachsorge habe ich dann wieder übernommen. Die Schildkröte konnte anfangs die Hinterbeine nicht bewegen, setzte keinen Kot und keinen Urin ab. Die Panzerfraktur entzündete sich zum Glück nicht, aber ob und wie schlimm die Nerven verletzt wurden konnten wir nicht sagen. Aber wir machten weiter. Es war ein tolles Zusammenspiel zwischen Besitzerin und behandelnden Tierärzten – regelmäßige Infusionen, Physiotherapien, kloakale Manipulationen, Tupferproben wegen bakteriologischen Untersuchungen. Und dann? Fast 5 Monate später konnte die Panzerfraktur endgültig verklebt werden, die Schildkröte setzt selbstständig Kot,Urin und Harnsäure ab. Ein Bein kann sie wieder vollständig bewegen, das andere Bein zieht sie derzeit noch nach. Aber ich bin mir sicher, auch das wird dieser kleine Kämpfer hinkriegen.”
Unsere Auszubildende M. Schütze erinnert sich an ihr erstes Röntgen eines Wellensittichs:
Eine Besitzerin kam mit einem Wellensittich, der eines seiner Beine hochzog. Sie vermutete Probleme am Fuß. Es wurde jedoch nicht nur ein Röntgenbild des Fußes gemacht, sondern der ganze Vögel geröngt. Denn Frau Dr. Klaus vermutete zu Recht, dass das Problem nicht am Fuß lag. Es stellte sich heraus, dass der Vogel einen Tumor am Hoden hatte. “Ich hatte noch nie einen Wellensittich geröngt und war erstaunt, dass wir alles röntgen wollten. Aber Frau Dr. Klaus wusste genau, was wir zu tun hatten und letztlich ging es wirklich nicht um den Fuß.”
Dr. Waldmann entschied sich schließlich für die Operation einer Pyometra, einer vereiterten Gebärmutter:
Kurz vor Weihnachten kam eine Hündin zu uns, der es nicht gut ging. Sie trank viel, hatte erhöhte Temperatur. Die Anamnese ergab schnell, dass sie kurz zuvor läufig gewesen war. Das Blutbild plus Ultraschall erhärtete den Anfangsverdacht: durch die Läufigkeit war es in diesem Fall zu einer Entzündung und Vereiterung der Gebärmutter gekommen. Eine Not-OP war notwendig und wir führten diese direkt durch. Der Hündin ging es man nächsten Tag direkt viel besser. “Diese OP war eine runde Sache, das hat mir gut gefallen. Der Hündin ging es sehr schlecht und einen Tag später deutlich besser. So ein Erfolg macht Spaß.”
TÄ Hirtsiefer fiel spontan eine Katze mit einem Pleuraerguss ein:
Die Katze kam zu uns, weil es ihr sehr schlecht ging. Frau Hirtsiefer hörte die Katze ab und als Kardiologin bemerkte sie direkt, dass das Herz sich nicht richtig abhören ließ. Es wurde ein Röntgenbild gemacht, das bestätigte, dass die Katze einen Erguss in der Auskleidung des Thorax hatte. Frau Hirtsiefer hat so viel Flüssigkeit wie möglich abpunktiert. Es war jedoch klar, dass es eine Ursache dafür geben musste. Das Blutbild zeigte eine Schilddrüsenüberfunktion. Da diese unbehandelt war, war mittlerweile das Herz in Mitleidenschaft gezogen. Ohne weitere Hilfe wäre die Katze erstickt. Mit dem richtigen Schilddrüsenmedikemant, einer erneuten Punktion – diese war nötig, da das Medikament einen Wirkspiegel aufbauen muss – und einem zusätzlichen Herzmedikament lebt die Katze heute noch bei ihren Haltern. “Die Katze war dem Tode näher als dem Leben, als sie zu uns kam und das alles nur wegen der Schilddrüse. Und mit den Medikamente und der Punktion konnten wir dafür sorgen, dass sie immer noch lebt. Der Kontrast war erstaunlich.”
Ich musste nicht lange überlegen: Ich hatte ein paar Wochen ein Huhn. Und das kam so: Das Huhn wurde uns vorgestellt in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Die Halter wollten jedoch eigentlich weder behandeln noch das Huhn erlösen, nachdem sie über die Kosten aufgeklärt worden waren. Wir konnten uns schließlich darauf einigen, dass das Huhn von unserer Tierärztin übernommen wurde. Da jedoch nicht ganz klar war, welche Krankheit zugrunde lag, konnte sie es nicht direkt mit ihren Hühnern vergesellschaften. Ich bot ihr an, es für eine Übergangzeit in ein Igelgehege bei uns im Garten zu setzen. Jeden Abend trug ich Uda und ihre Schlafbox ins Haus, morgens kam sie wieder raus. Sie zog dann noch für eine kurze Zeit zu einer Hühnerschar, verstarb dann jedoch. So hatte sie aber immerhin noch eine schöne, letzte Zeit.
Das sind unsere Highlight. Es gibt natürlich noch soooo viel mehr Geschichten. Die erzähle ich Ihnen natürlich gerne weiter in diesem Blog. Bleiben Sie dran!