Vor einiger Zeit hatten wir einen Kater in unserer Praxis, der nicht mehr pieseln konnte. Es stellte sich heraus, dass er die Blase voll hatte mit Kristallen und auch sein Penis mit diesen ausgekleidet war. Das verursachte ihm natürlich solche Schmerzen, dass er nicht aufs Klo ging.
Mein Mann operierte ihn, alles schien gut. Einen Tag nach der OP war der Besitzer mit dem Kater aber wieder da: Er pieselte nicht. Wir nahmen Mo (Name von der Redaktion geändert 😉 ) mit nach Hause als Pflegegast. Mein Mann legte ihm einen Katheter als Dauerentlastung der Blase. Alles schien gut. Mo zog sich nach zwei Tagen selbst den Katheter, aber: kein selbstständiges Pieseln. Mein Mann legte Mo schlafen, um zu schauen, ob er denn im entspannten Zustand Wasser lassen konnte und siehe da: Es lief. Wieder wach das gleiche Spiel. Wir legten erneut einen Katheter und besprachen mit dem Besitzer eine Frist von erneut zwei Tagen, wenn Mo dann nicht selbstständig seinen Geschäften nachgehen würde, müsste man darüber nachdenken, ihn zu erlösen, denn ein Katheter ist keine Dauerlösung und im wachen Zustand ließ sich die Blase nicht ausdrücken (was man ja sonst auch machen könnte bei Katzen, die es zulassen). Mein Mann hatte wirklich jegliche sonstige Ursache ausgeschlossen – wenn die Entlastung durch den Katheter nicht zur Problemlösung führen würde, wäre das ein Dauerzustand und dementsprechend nicht tragbar.
Am Abend vor dem vereinbarten Termin zogen wir den Katheter. Mo war noch immer bei uns. Er lebte frei im Gastzimmer, mit sauberem, schicken Klo, Wasser, Aussicht nach draußen und stündlichen Besuchen von uns – wobei der Blick von uns immer zuerst ins Klo ging. Aber: Das Klo blieb unberührt. Nachts bin ich heimlich schauen gegangen, weil ich nicht schlafen konnte. Der Kater war uns wirklich ans Herz gewachsen. In der Nacht und direkt am nächsten Morgen hatte sich jedoch immer noch nichts getan. Um halb Acht wollten wir los fahren in die Praxis. Um sieben bin ich zu Mo nochmal rein und habe mit ihm Tacheles geredet. “Mo, wenn Du jetzt nicht sofort pieselst, sieht es echt schlecht für Dich aus.” Ich kam mir ein bißchen albern vor, aber ich dachte, vielleicht weiß er ja nicht, was wir erwarten. 🙂
Als mein Mann ihn um halb Acht einpacken wollte, war das Wunder passiert. “Christiane, komm mal schnell.” Wie ein kleines Weltwunder freuten wir uns über das benutzte Klo. (Dass ich das mal so schreiben würde…) Mo hatte alles gegeben und seine Blase entspannt auf dem Klo geleert. Wir konnten ihn seinem sehr glücklichen Besitzer übergeben. Was soll ich sagen: Wir freuen uns immer noch über dieses kleine Wunder.
In diesem wunderbaren Sinne: Ihre Tierarztfrau