Es gibt schon Geschichten zum Kopfschütteln. Das hier ist eine davon.
Vor rund zwei Wochen waren bei uns ziemlich viele Mitarbeiter gleichzeitig krank. Da hat der Rest an drei Stellen gleichzeitig gearbeitet, so dass gelegentlich irgendwo jemand fehlte. Gerade, als ich nach 5 Minuten in der Behandlung wieder zum Empfang zurück wollte, bemerke ich einen Schuhkarton, der herrenlos im Flur steht. Ich nehme ihn hoch, blicke hinein, eine kleine Elster blickt mir schüchtern entgegen. Ich klappe den Karton wieder zu, schaue mich um – niemand. Ich gehe raus – niemand. Na, vielen Dank. Es handelte sich um einen Ästling, den jemand eingesammelt hatte und dann zu uns gebracht. Daran ist so viel falsch:
1. Ästlinge haben Eltern, die sich kümmern.
2. Ein nicht verletzter Vogel hat beim Tierarzt nichts zu suchen, wir sind keine Aufzuchtstation.
3. Wir haben keine Kapazitäten, den Vogel zu einer Station zu fahren.
4. Anonym abstellen und verschwinden ist unter aller Kanone!
So, da saß ich nun. Was tun? Niemand konnte weg und den Vogel irgendwo hinbringen, blieb nur das Tierheim. Ich wusste, dass sie gelegentlich nach Kirchheim in die Wildvogelaufzuchstation fahren. Ein Anruf ergab, dass genau an dem Nachmittag ein Tarnsport gehen sollte. Ich saß aber am Empfang fest. Da rief ich die Taxizentrale an, schilderte das Problem, fragte nach dem Fahrpreis und rund fünf Minuten später brachte ein Taxifahrer die kleine Elster ins Tierheim. Ich weiß nicht, für wen die Fahrt wohl ungewöhnlicher war: die kleine Elster oder den Fahrer. Und so geht das eben manchmal in einer Tierarztpraxis. Wir kümmern uns so gut es geht um alle Lebewesen, manchmal auch mit ungewöhnlichen Lösungswegen.
In diesem Sinne
Ihre Tierarztfrau