Wie Sie ja alle wissen, habe ich in der Garage neben der Praxis eine kleine Igelstation für verletzte Igel. Derzeit überwintere ich sechs von Ihnen. Der letzte im Bunde – Hubi – ging im Februar in sein Außengehege. Es war kalt, ich dachte, er geht sofort in den Schlaf. Von wegen – ich weiß bis heute nicht, wie er es geschafft hat – Hubi arbeitete sich eine Nacht aus seinem Gehege und verschwand. Ich war in heller Aufruhr. Ich stellte als erstes eine Wildtierkamera auf und natürlich Futter. Es wurde noch kälter. In der ersten Nacht war klar, Hubi lauerte irgendwo im Gebüsch: Er war am nächsten Morgen auf der Wildtierkamera deutlich mehrmals zu erkennen. Das beruhigte mich etwas. Am nächsten Abend saß ich bereit – kein Hubi. War er nicht mehr da? Das Futter am nächsten Morgen war weg. Wieder die Kamera hingestellt: Wunderbare Fotos von Hubi.
Ich setzte mich die nächste Nacht raus: – 10 Grad Kälte. Ich zog Thermounterwäsche, Boots, Skihose, Winterjacke, Schal, Handschuhe und Mütze an und setzte ich auf einem Thermopolster auf einen Campinghocker rund 3 Meter vom Fressplatz entfernt – und wartete. Und wartete. Und wartete. Es ist unglaublich, wie kalt es wird, wenn man bewegungslos rumsitzt. Es vergingen 40 Minuten, der Kerl war geduldig, ich auch. Schließlich hörte ich ihn kommen. In dem Moment ertönte hinter mir die Stimme meiner besorgten Nachbarin: “Christiane, alles in Ordnung?”. Ehrlich, ich mag sie furchtbar gerne, aber da hätte ich sie gerne auf den Mond geschossen. Hubi war natürlich über alle Berge. Erst da fiel mir auf, dass er mit Sicherheit auch vor mir flüchten würde, wenn ich mich ihm näherte.
Am nächsten Tag dachte ich mir dann eine klassische Cartoon-Falle aus. Gehege auf drei Steinen aufgebockt, Seil dran, ich wieder raus bei Minus 10 Grad. Hubi kam, fraß und ich siegte. Mit einem Ruck zog ich am Seil und die Falle schnappte zu. Ich hatte Hubi wieder eingefangen. Ich war unglaublich zufrieden. (Deutlich auf dem Foto zu sehen.) Ich hatte meinen Fehler wieder gut gemacht und konnte Hubi jetzt endlich in sein Winterquartier einsiedeln – auf unserem Balkon, denn raus kommt der erstmal nicht. Das Gehege steht wind- und wettergeschützt und beschwert, so dass an einen Ausbruch nicht zu denken ist. Und im Moment genießt der kleine Kerl auch immer noch den All-you-can-eat Service. Ich freue mich schon sehr, wenn er dann im Frühjahr zurück zu seinen Findern geht.
In diesem Sinne Ihre igelvernarrte Tierarztfrau