Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Manchmal macht mir die Igelstation keinen Spaß. Es ist sehr viel Arbeit und hört nie auf. Dafür bekommt man wenig Dank. Aber so ist das halt. Und wenn dann so etwas passiert, wie die folgende Geschichte, bin ich wieder versöhnt:
Mir wurde ein Igelmännlein gebracht mit einem blutverschmierten Auge. Ich legte ihn schlafen und schaute mir das Auge an. Es befand sich eine dicke Kruste darauf, die ich vorsichtig entfernte, da ja der Verdacht bestand, dass das Auge involviert wäre. Als die Kruste entfernt war, zeigte sich jedoch, dass das Auge intakt war. Eventuell hatte es eine kleine Wunde gegeben oder der Igel hatte sich eine Zecke weg gekratzt. Dennoch beschlossen die Finderin und ich, dass er drei Tage bleiben sollte, um ihn ohne Parasiten wieder in die Freiheit zu entlassen.
In der ersten Nacht ist der junge Mann aus seiner Box entwischt. Weit gekommen ist er nicht, ich fand ihn in einem Stapel Zeitungen. Daraufhin habe ich seine Box – meiner Meinung nach- ausbruchssicher gemacht. Aber ein Igel findet Wege, wenn es Wege gibt. Am nächsten Morgen war er wieder weg. Ich habe alles abgesucht. Kein Igel. Nochmal alles abgesucht – wieder kein Igel. Ich stand ratlos in der Garage und blickte mich um. Schließlich dämmerte es mir: Er musste bei einem der anderen Igel sein. Und siehe da: Susi und Ingo teilten sich friedlich ein Schlafhäuschen, im Stroh aneinander gekuschelt.
Das sind die Momente, die mich mit aller Arbeit wieder versöhnen.
In diesem Sinne,
Ihre gerührte, nicht geschüttelte Tierarztfrau